Kapitel 13: Vitamin D-Einnahme – wie und wieviel?

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Welche Menge und in welcher Form sollte ich ggf. Vitamin D einnehmen* (92)?  
Die Deutsche Gesellschaft Für Ernährung (DGE) geht gemäß ihrer diesbezüglich zuletzt 2012 überarbeiteten Empfehlung davon aus, dass für alle Altersgruppen durch Sonnen-Exposition eine ausreichende Vitamin D-Versorgung zu gewährleisten sei. Dabei wird ein Spiegel von 20 ng/ml bzw. 50 nmol/l als gewünschte Versorgung angestrebt. Für den Fall einer (komplett) fehlenden Eigensynthese wird wohl zugestanden, dass eine ausreichende Vitamin D-Zufuhr über die Ernährung nicht zu erreichen ist. Es wird für diesen Fall für Säuglinge eine tägliche Vitamin D-Supplementierung mit 400 IE empfohlen und für Kinder ab 1 Jahr ebenso wie für Jugendliche und Erwachsene jeden Alters 800 IE. In den USA werden von der CDC altersgestaffelt folgende Empfehlungen abgegeben: 400 IE für Kleinkinder, 600 IE für Kinder (ab 5 Jahren) und Erwachsene bis zum Alter von 70 und ab 70 Jahren 800 IE tägliche Vitamin D-Einnahme.

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Was von diesen offiziellen Empfehlungen zu halten ist, geht bereits aus den vorangestellten Kapiteln hervor, insbesondere Kap. 7 und ausdrücklich Kap. 12.

Tabletten aus der Apotheke enthalten oft die von der DGE als Tagesdosis für Herbst und Winter empfohlenen 800 internationalen Einheiten (IE). Die US-amerikanische Fachgesellschaft für Endokrinologie zum Beispiel empfiehlt dagegen eine Einnahme von 1.500 bis 2.000 IE pro Tag, schon um den Vitamin-D-Spiegel über den Wert von 30 ng/ml zu bringen. In Skandinavien, UK, NL und USA sind Präparate mit 10.000 E pro Tag frei verkäuflich.

Übrigens stellt sich weitgehend unabhängig vom Ausgangswert und von der gewählten Tagesdosis nach ca. 140 Tagen bei regelmäßiger Zufuhr derselben Dosis ein Steady State ein, also ein gleichbleibender Spiegel.

Wie sollte ich Vitamin D einnehmen?   

Wie bereits in Kap. 7 näher besprochen, ist von den verschiedenen Vitamin D-Varianten das D3 dem D2 vorzuziehen. Wohl kaum untersucht und theoretisch nicht ganz auszuschließen ist, dass eine Kombination der beiden (mit Überwiegen von D3) unter Umständen geringe Vorteile beinhalten könnte.

Es empfiehlt sich sehr, die Vitamin D-Einnahme mit einer fetthaltigen Mahlzeit zu verbinden oder noch besser das Präparat einfach mit etwas Öl* (93) einzunehmen, um die Ausschüttung von Galle zu provozieren (Galle-Salze sind für eine optimale Resorption erforderlich!); dabei ist die Art des Fettes weitgehend gleichgültig; so ist es hierbei auch egal, ob man z.B. Kokosöl benutzt (gesättigte Fettsäuren), überwiegend einfach (z.B. Rapskern-Öl, Olivenöl, Avocado, Mandeln) oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren (z.B. Lein-, Hanf-, Distel-, Walnuss-, Pinien- oder Sonnenblumenöl) [186].

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Die Tageszeit spielt für die Vitamin D-Einnahme keine wesentliche Rolle. In einigen Fällen wird einer abendlichen Zufuhr aber das Auftreten von Schlafstörungen angelastet. Man kann für dieses Phänomen durchaus auch eine theoretische Erklärung heranziehen: Das Hormon stimuliert nämlich Serotonin – den „Wohlfühl-Neurotransmitter“; dieser wiederum hemmt die Produktion des wichtigen Schlafhormons Melatonin.

Wer also die Erfahrung macht, bei zu später Einnahme seines Präparates schlechter schlafen zu können, sollte den Zeitpunkt besser auf die erste Tageshälfte vorziehen.

Wechselwirkungen mit Medikamenten beachten

Einnahme von bestimmten „Wassertabletten“, den sog. Thiazid-Diuretika* (94), kann Hyperkalzämie befördern.

Anti-Epileptika wie Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital und Primidon induzieren einen 1,25-(OH)2-Vitamin D-Abbau, greifen darüber hinaus (wie z. B. auch Valproinsäure) zusätzlich die Knochensubstanz an. Hier ist eine Vitamin D-Einnahme meist besonders sinnvoll.

Das gilt auch bei Einnahme von bestimmten Anti-Östrogenen wie Tamoxifen, die ebenfalls einen verstärkten Vitamin D-Abbau bewirken; Tamoxifen zählt zu den selektiven Östrogenrezeptor-Modulatoren („SERM“), gleichartige Effekte auf den Knochen werden jedoch auch durch die Östrogensenkung unter Einnahme von sog. Aromatasehemmern wie Letrozol (u. a. bekannt unter dem Markennamen Femara®), Anastrozol (Markenname: Arimidex®) und Exemestan (u. a.: Aromasin®) hervorgerufen.

Selbst Blutdruck-Senker wie z. B. bestimmte Kalzium-Antagonisten vom Nifedipin-Typ beschleunigen den Abbau des aktiven Vitamin D.

Interaktionen mit dem Vitamin D-Stoffwechsel sind noch bei einer ganzen Reihe weiterer Medikamente möglich, so bei Cortison-Präparaten, Chemotherapeutika oder einer hochaktiven antiretroviralen Therapie („HAART“, im Rahmen von AIDS-Behandlung). Darüber hinaus kann Vitamin D über die Expression der Zytokine Interleukin 10 (IL-10) und TGF-β1 bei Patienten mit Asthma bronchiale den entzündungshemmenden Erfolg einer inhalativen Corticoidtherapie noch steigern.

Pflanzliche Präparate sind von Wechselwirkungen keineswegs ausgenommen: So ist der Wirkstoff des Johanniskrauts durchaus ein bekannter Vitamin D-Räuber, bei ausgeprägtem Konsum zählt dazu auch Kaffee bzw. Coffein.

Wenn Sie – wegen einer ausgeprägten Fettstoffwechselstörung – Anionenaustauscherharze wie Colestyramin oder Colesevelam einnehmen, sollten zwischen der Einnahme der Medikamente und des Vitamin D-Präparats mindestens zwei, besser vier Stunden liegen. Beide können nämlich die Vitamin D-Aufnahme aus dem Darm stark beeinträchtigen. Ähnliches gilt für den synthetischen Fett-Ersatzstoff Olestra.

Gewarnt wird nicht zuletzt vor einer Kombination der Vitamin D-Einnahme mit Fingerhut (Digitalis)-Präparaten, die u. a. wegen ihrer überwiegend geringen therapeutischen Breite ohnehin seit vielen Jahren nur noch selten verordnet werden. Allerdings wird auch hier eine hochdosierte Vitamin-Supplementierung erst dann zur Gefahr, wenn der Kalzium-Spiegel die Obergrenze überschreitet; dann aber ist die Bedrohung (Herzversagen) wirklich ernst.

Generell gilt gerade bei Medikamenteneinnahme: Im Zweifelsfall fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.

Man muss nicht alles schlucken.

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Für Menschen mit chronischen Magen-Darm-Erkrankungen, insbesondere bei hierdurch verursachten Resorptionsstörungen* (95) oder auch bei Menschen, die oral einzunehmende Vitamin D-Präparate einfach nicht vertragen können, gibt es als weitere Option die Zufuhr über die Haut in Form von transdermalen Pflastern oder von Cremes; diese werden mit oder ohne sog. Enhancer wie Alkohol, Glycerin oder ätherische Öle als Zusatzstoff angeboten. Die Creme wird in einer Dosierung entsprechend den oralen Empfehlungen ebenfalls möglichst täglich aufgetragen (am besten beugeseitig am Unterarm) und einmassiert. Zur Steigerung der Aufnahmefähigkeit der Haut ist vorheriges Baden oder Duschen (warm!) vorteilhaft.

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Besonders wichtig

Das Wichtigste zum Einnahme-Modus: möglichst (mindestens 1x) täglich! Regelmäßige Vitamin D-Einnahme ist da wichtiger als ein besonders hoher Spiegel im Rahmen des Erlaubten. Also lieber jeden Tag daran denken, als durch hohe Einzel- oder Wochendosis an die obere Grenze des Tolerierbaren zu gelangen!

Regelmäßigkeit fördert außerdem die Routine der Einnahme.

Anmerkungen (*):

(92): Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Artikelreihe um die Wiedergabe und teilweise auch Diskussion allgemeiner Informationen zum Thema Vitamin D handelt. Daher ersetzen die hier vorgetragenen Einnahme-Empfehlungen auch in keinem Fall die individuelle Beratung durch den Arzt.

(93): Dabei wird eine optimale Aufnahme des Vitamin D dadurch gewährleistet, dass man nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel Fett gleichzeitig zu sich nimmt: etwa zwischen 10 und 20 g, das sind gut 1 bis 2 Esslöffel.

(94): Beispiele sind Clopamid, Indapamid und Hydrochlorothiazid, unter Handelsnamen wie Briserin, Preterax und HCT – übrigens häufig auch in blutdrucksenkenden Kombinations-Präparaten enthalten.

(95): z.B. im Rahmen eines Malabsorptions-Syndroms wie etwa auf dem Boden einer Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse (exokrine Pankreas-Insuffizienz), einer Leberzirrhose, einer Zöliakie, eines Morbus Whipple, Diätfehler bei einer schweren Laktose-Intoleranz, einer bakteriellen, parasitären oder viralen Dünndarmerkrankung oder nach ausgedehnten Operationen im Bereich von Magen und/oder oberem Dünndarm

Quellen:

[186]: Dawson-Hughes B, Harris SS, Lichtenstein AH, Dolnikowski G, Palermo NJ, Rasmussen H. Dietary fat increases vitamin D-3 absorption. J Acad Nutr Diet. 2015 Feb;115(2):225-230. https://doi.org/10.1016/j.jand.2014.09.014.

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