Von: Dr. Teodora Ivanova
Das menschliche Genom besteht aus DNA – einem sehr langen Molekül in den Kernen unserer Zellen. Ein einzelnes Gen ist ein DNA-Segment, also ein bestimmtes Stück aus diesem langen Molekül. Das Gen an sich hat keine direkte physiologische Funktion, d.h., unser Körper kann es nicht direkt für den eigentlich vorgesehenen Zweck anwenden. Nehmen wir als Beispiel irgendein Verdauungsenzym – Enzyme sind spezielle Proteine, also Eiweiße, die bestimmte physiologische Reaktionen im Körper ermöglichen (in diesem Fall – Reaktionen, die an der Nahrungsverdauung beteiligt sind). Das Gen für dieses Enzym ist in unserer DNA, allerdings kann unser Körper mit dem Gen, dem DNA-Stück, nicht direkt verdauen – das Gen muss zunächst in das entsprechende Protein übersetzt werden.
Diese Übersetzung verläuft über zwei Stufen: Im ersten Schritt wird das Gen (das DNA-Stück) in eine sogenannte m(messenger)-RNA umgeschrieben, im zweiten Schritt wird die mRNA in das Protein übersetzt. Die mRNA (ein RNA-Stück, das dem DNA-Stück entspricht und dessen „message“/Information trägt/weitergibt) ist also eine Zwischenstufe zwischen DNA und Protein. Die RNA ist also eine Gen-Kopie. Somit ist die RNA formal gesehen kein Gen, also kein Teil des Genoms! Das führt zu Verwirrungen bei den Diskussionen. Die Gentechnik beschäftigt sich mit dem Genom. Gentechnisch veränderte Organismen sind solche, bei denen das Genom künstlich verändert wird. Und das Genom besteht bei Menschen und Pflanzen aus DNA (bei vielen Viren aus RNA, auch bei SARS-CoV-2, aber das ist ein anderes Thema).
Es ist also falsch zu behaupten, dass der mRNA-Impfstoff das menschliche Genom oder gar die Keimzellen (Geschlechtszellen) verändern solle, also dass dies das primäre Ziel sei. Ferner kann man schon sagen, dass der mRNA-Impfstoff in genetische Mechanismen eingreift, denn die Übersetzung des Gens in das Protein ist ein genetischer Mechanismus, an dieser Stelle wird aber die Diskussion eher philosophisch.
Ich fand übrigens die Idee des mRNA-Impfstoffs auch genial, als ich im Studium davon gehört habe. Ursprünglich wurde dieser Ansatz als Krebstherapie entwickelt.
Der Autor dieser Darstellung in Facebook nennt aber direkt auch eine der möglichen Schwachstellen bezüglich der Unbedenklichkeit – die Aufnahme der Information aus dieser viralen mRNA in die DNA (also in unser Genom), auch in die Keimzellen, bezeichnet er als „abenteuerlich“, also ziemlich unwahrscheinlich. Aber eben nicht ausgeschlossen. Diese Mechanismen sind so komplex und abhängig von so vielen Faktoren, dass sie wahrscheinlich nie zu 100 Prozent erforscht werden können. Deswegen gibt es in den Naturwissenschaften keine 100-Prozent-Aussagen, und deswegen sind nicht nur Hypothesen, sondern auch praktische Experimente erforderlich, um eine Theorie zu beweisen.
Herr Bhakdi irrt sich nicht! Er erklärt das Thema vielleicht etwas zu vereinfacht, und das führt zu Verwirrung, wenn man nicht genau versteht, was er meint. Er kritisiert diesen mRNA-Ansatz u.a. aus Sicht der Wirksamkeit. Herr Wodarg übertreibt vielleicht ein bisschen mehr in seiner Wut, und manche Leute, die das Ganze nicht genau verstehen, überschätzen die Gefahr.
Eins sollte jedoch für alle verständlich sein – wir kennen mögliche Langzeitschäden von der neuartigen Viruserkrankung noch nicht, aber genauso wenig kennen wir Langzeiteffekte vom neuartigen Impfstoff.
Weder das eine noch das andere darf unterschätzt werden.
Es ist eine Sache, wenn ein mRNA-Impfstoff nach entsprechenden klinischen Studien an Krebskranke verabreicht wird. Ganz anders sieht es aus, wenn Kinder, junge gesunde Menschen mit funktionierendem Immunsystem, für die das konkrete Virus eine äußerst geringe Gefahr darstellt, einen solchen Impfstoff bekommen sollen, der dazu noch im Schnellverfahren zugelassen wurde. Manche Firmen werben damit, dass sie schon seit über 20 Jahren auf diesem Gebiet forschen – das ist super! Es gibt aber nun mal Gründe dafür, warum es noch kein mRNA-Impfstoff in diesen langen Jahren zum Markt geschafft hat, und die aktuelle Sachlage liefert einfach keine Ausrede dafür, diese Gründe jetzt zu vernachlässigen.