Auch Vitamin D und seine Erforschung haben ihre eigene, sehr interessante Geschichte. Wir lesen hier einiges über die wichtigsten Stationen der Vitamin D-Historie…
Vitamin D ist eines der ältesten Vitamine, die in lebenden Organismen vorkommen, da die frühesten Lebensformen zu seiner Synthese fähig waren. Auch als Hormon steht Vitamin D nicht allein in der Welt der Biochemie, es hat eine Familie: die Familie der Steroid-Hormone, der es entstammt.
Es darf angenommen werden, dass Vitamin D das erste Steroid-Hormon der Evolution ist, denn es kommt noch heute im Stoffwechsel der maritimen Einzeller vor. Bis heute ist daher der Konsum von Seefisch aus tropischen Gewässern eine Quelle für die Zufuhr von Vitamin D.
Rachitis als vielleicht wichtigste, zumindest aber augenscheinlichste Mangelerkrankung hat es von der Vorgeschichte an zu allen Zeiten und in allen Teilen der Erde gegeben. Dies belegen Knochenfunde und Untersuchungen von Mumien.
Die Verwendung von – heute als besonders reich an Vitamin D bekannten – Fischölen in der Medizin allgemein wird von Hippokrates [270] erwähnt, und der römische Geschichtsschreiber Plinius [271] schreibt, dass das Öl der Delphinleber bei chronischen Hautausschlägen nicht nur zur äußerlichen, sondern auch zur innerlichen Anwendung benutzt wurde.
Der Ursprung von Lebertran als Nahrungsmittel geht auf die Wikingerzeit (Ende 8. bis Ende des 11. Jh.) zurück. Fischlebertran war ein wichtiger Bestandteil der nordischen Ernährung. In den Wintermonaten nahm man in dieser Kultur Fischlebertran zu sich. Bereits damals rieben norwegische Fischer ihre Gelenke und Muskeln häufig mit Fischleberöl ein, um Schmerzen zu lindern. Die Herstellung von Lebertran wurde sowohl für Öllampen als auch für Medikamente verwendet.
Laut Hernigou et al. wurde die in Nordnorwegen übliche Methode zur Gewinnung von Fischleberöl von den skandinavischen Wikingern so beschrieben: Das Wasser wurde in einem großen Topf, ähnlich einem Kessel, zum Kochen gebracht. Auf die Pfanne wurden Birkenzweige gelegt, und die Leber wurde auf die Zweige platziert. Als der Dampf aufstieg, begann die Leber zu kochen und das Leberöl floss in das Wasser. Dieses reine und rohe Öl wurde wegen seiner Heilkraft, Stärke und Energie hochgeschätzt und von den Wikingern dort als „Gold des Meeres“ bezeichnet [272].
Rachitis als Wegweiser zur Existenz des Vitamin D
Rachitis wurde bereits im 16. Jahrhundert beschrieben, ohne dass man zu dieser Zeit so etwas wie Vitamine oder gar die physiologischen Zusammenhänge schon erkannt hätte. Der Naturforscher und Alchemist Hieronymus Reusner schilderte 1582 erstmals entsprechende Fälle als eigenständiges Krankheitsbild.
Etwa hundert Jahre später, 1645, wird der Name Morbus Anglorum, Englische Krankheit, in den Niederlanden durch den englischen Arzt D. Whistler* (117) geprägt, da sie in Britannien, vor allem in Schottland, besonders häufig anzutreffen war. Der Begriff sollte sich bis in das 19. Jahrhundert halten.
Die früheste schriftliche Erwähnung des Wortes „Rachitis“ als Krankheit taucht in dem Hausrechnungsbuch einer englischen Familie im Jahr 1632 auf. Als Todesursache findet die Krankheit erstmals 1634 in der „London Bill of Mortality“ Erwähnung [273, 274, 275].
Die Arbeiten von Whistler sowie insbesondere 1650 die des Arztes und Anatomen F. Glisson* (118) beschreiben sehr wissenschaftlich die Rachitis, ohne jedoch die Ursache zu kennen oder zu erkennen. Folglich waren die Behandlungsempfehlungen die üblichen zeitgenössischen Methoden wie Kautern* (meist mit dem Brenneisen), Schröpfen, Aderlass etc. sowie das Aufhängen des Kindes in einer besonderen Vorrichtung. Dies sollte helfen, die Knochendeformitäten zu begradigen und das Längenwachstum zu fördern [276].
Volksmedizin meist weit voraus
Offenbar wurde Lebertran von den Fischern an den Küsten Nordeuropas schon seit vielen Jahren verwendet. Es heißt, dass die Leber des Kabeljaus auf den Shetland-Inseln und im Norden Schottlands im Allgemeinen seit Langem als besondere Delikatesse galt und daher Invaliden und Menschen in schlechtem Gesundheitszustand, insbesondere bei langebestehenden Schmerzen, verabreicht und das frische Öl aus den Lebern wie Butter verwendet sowie als besonders köstlich angesehen wurde.
Hernigou et al. zitieren den praktizierende Arzt Sir Thomas Browne, der in einem um 1664 verfassten Brief eine interessante Bemerkung über die Behandlung von Rachitis durch Nahrung aus Vogellebern machte. Über Saatkrähen schrieb er demnach, dass „die Jungen gewöhnlich gegessen, manchmal auf den Märkten von Norwich verkauft und viele wegen ihrer Lebern getötet werden, um Rachitis zu heilen.“ Sowohl Whistler als auch Glisson schlugen die Verwendung von Krähenleber als mögliche Behandlung von Rachitis ebenfalls vor [272]
Um 1700 begannen Apotheker und Krankenstationen in England aufgrund der zu beobachtenden Erfolge der Ölbehandlung, diese Rheumatikern zu verschreiben [272]. Der erste schriftliche Bericht über die heilende Wirkung von Lebertran (bei oraler Einnahme) findet sich in einem Brief, der 1782 von Robert Darbey an T. Percival* (119) im Manchester Infirmary geschrieben wurde [277].
Immerhin befürwortete Percival 1789 die Verwendung von Lebertran zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen und schlug somit den ernährungsphysiologischen Charakter des erst viel später entdeckten Vitamin D vor [278]. In den Jahren zuvor habe die Beliebtheit von Lebertran bei chronischem Rheuma in der Krankenstation von Manchester ein solches Ausmaß angenommen, dass dort „fast ein Hogshead jährlich“ verwendet wurde, das entspricht einem Whisky-Fass von 250 Litern.
Obgleich es in einigen Regionen auch eine lange Volkstradition der Verwendung von Lebertran als wirksames Präventionsmittel gab, konnte sich eine Lebertrantherapie bis zum 19. Jahrhundert kaum etablieren. Im Zusammenhang mit Knochenerkrankungen wurde Lebertran vor allem in den Niederlanden zu Beginn des 19. Jahrhunderts empfohlen. Er wurde speziell auch als eine mögliche Arznei gegen Rachitis, aber ebenso gegen Skrofulose angeregt, bei der es sich a.e. um eine Form der Haut-Tuberkulose gehandelt haben dürfte.
Lebertran als Heilmittel wurde in der deutschen medizinischen Literatur 1824 von Schütte [279] erwähnt, der erstmals über diese Möglichkeit zur Behandlung von Rachitis anhand eigener 25-jähriger Erfahrungen damit berichtete. Die von ihm zitierten Fälle betrafen Knirpse im Alter von drei bis fünf Jahren, die nicht laufen konnten und innerhalb von fünf bis neun Wochen geheilt wurden.
In jedem dieser Fälle aber hatten die Eltern oder Verwandten das Mittel verordnet.
1826 berichtete D. Schenck [280] über die erfolgreiche Anwendung bei vier Fällen von Rachitis. Er hielt fest: „Ich vermag mich zu erinnern, dass mein verehrter Lehrer Michaelis* (120) in Marburg uns in seinen Vorlesungen über besondere Therapie unter dem Kapitel über chronischen Rheumatismus erzählte, dass er während seines Aufenthaltes (…) im Hospital in Manchester Lebertran mit auffallendem Erfolg gegen chronischen Rheumatismus angewendet gesehen habe.“ Von da an schrieben zahlreiche deutsche Autoren zu diesem Thema, und Lebertran wurde in ganz Deutschland bei Rheuma, Gicht und Rachitis und in der Folge auch bei Skrofulose und Tuberkulose sehr allgemein eingesetzt.
In den 1830er Jahren verwiesen französische Mediziner darauf, dass dieses Mittel längst erfolgreich von Fischern angewendet worden sei. Dennoch (oder deshalb) stand es im Ruf eines unspezifischen Mittelchens, von dem keine besonderen Heilerfolge zu erwarten seien [281].
Schrittweise Enttarnung des Vitamin D und seiner dichotomen* (121) Natur
Im Lehrbuch der Kinderkrankheiten aus dem Jahr 1861 firmiert der, so dessen Autor C. Gerhardt* (122), schon früher empfohlene, aber erst von Trousseau in sein Recht gesetzte „Leberthran“ als erstes Therapeutikum bei der Rachitis [282]. Er berief sich somit nicht zuletzt auf den französischen Internisten und Kliniker Armand Trousseau* (123). Der hatte im selben Jahr die These aufgestellt, dass Rachitis durch geringe Sonnenlichtexposition und fehlerhafte Ernährung bedingt sei und durch Lebertran effektiv geheilt werden könne.
Trousseau selbst bezog sich wiederum v. a. auf erstaunliche Behandlungserfolge seines Kollegen Bretonneau, welcher durch einen Patienten mit Kontakt in die Niederlande von der Methode erfahren hatte. Das Verdienst Trousseaus war es vor allem, zunächst erfolgreich für die Verbreitung dieses Wissens in ärztlichen Kreisen durch Schriften und auf Kongressen zu sorgen [283]. Leider sollten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts diese therapeutisch so wertvollen Erkenntnisse in seinem Berufsstand wieder weitgehend in Vergessenheit geraten.
Immerhin flammten auch in dieser Ära an unterschiedlichen Orten immer wieder Hinweise auf diätetische Behandlungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten auf.
Schließlich lag sogar im Bereich der Tiermedizin der dichotome Charakter der Problemlösung eigentlich offen vor den Augen der Forscher, lebten doch praktisch alle betroffenen Kreaturen unter weitgehender oder völliger Abschirmung von Sonnenlicht. Jedoch wurde auch hier zunächst die diätetische Spur aufgenommen.
Bland-Sutton* (124) beschrieb seine Beobachtungen von Rachitis bei Tieren und insbesondere bei Löwenjungen im Londoner Zoo 1889 [284]. Die betroffenen Jungtiere ernährten sich ausschließlich von Muskelfleisch. Die Zugabe von zerkleinerten Knochen und Lebertran zum Futter half den Kleinen, sich vollständig zu erholen. Bland-Sutton zog daraus den hypothetischen Schluss, dass Rachitis wohl mit einem Fettmangel zusammenhängen müsse.
Über Rachitis bei Affen schrieb er: „Diese Krankheit ist bei Affen, die in London in Gefangenschaft leben, extrem häufig. Fast die Hälfte aller Affen, die in den Garten der Zoologischen Gesellschaft eingeführt werden, sterben an Rachitis, sofern sie ihre Ankunft in London für einige Monate überleben. Die Veränderungen des Skeletts entwickeln sich so schnell, dass ein Kapuzineraffe, der scheinbar bei guter Gesundheit war und gut gedieh, als er in die Käfige gebracht wurde, innerhalb von vier Monaten starb, durch klapprige Veränderungen entsetzlich deformiert“.
Zuletzt waren Wissenschaftler durch die revolutionären Erkenntnisse, die das Aufdecken von Beri-Beri als eine (Vitamin B1-)Mangelerkrankung mit sich brachte, ermuntert worden. So sind neben den Versuchsreihen von Funk 1911 auch die Tierversuche von Hopkins* (125) 1913 [285] zu erwähnen. Der Forscher fütterte Ratten mit den bekannten, aber„gereinigten“ Makronährstoffen im empfohlenen Verhältnis zueinander, um dann feststellen zu müssen, dass die Tiere nicht überlebten.
Auch jenseits des Atlantik kam es zu ähnlichen Einblicken: Nach langem Hin und Her erlaubte das Department of Dairy Science an der University of Wisconsin Prof. Babcock* (126) und seinem neu eingestellten Leiter der Agrarchemie, E. B. Hart, 1911 ein Experiment in der örtlichen Milchviehherde durchzuführen [286]. Man fütterte vier Gruppen Milchvieh mit genau den von den deutschen Chemikern vorgeschlagenen Nährstoffverhältnissen – mit der Besonderheit, dass die gesamte Ration aus einem einzigen Getreide, nämlich Mais, Hafer, Weizen (oder einer Mischung daraus) gewonnen wurde. Das Ergebnis war ziemlich dramatisch.
Kühe, die mit Mais gefüttert wurden, schnitten sehr gut ab, kalbten und konnten große Mengen Milch produzieren, während solche mit reiner Weizenfütterung sichtlich verfielen und tatsächlich nicht überlebten. Die Haferdiät führte zu einem Zwischenergebnis. Die Wisconsin-Gruppe kam zu Recht zu dem Schluss, dass es noch zu entdeckende zusätzliche Nahrungsfaktoren geben musste – Faktoren, die für die Gesundheit und das Wohlbefinden der mit Mais versorgten Tiere verantwortlich waren.
Aber längst lagen auf der anderen Seite die ersten wissenschaftlich formulierten Hinweise auf ernährungsunabhängige Umweltfaktoren für die Entstehung von Rachitis vor. 1838 dokumentierte Sniadecki* (127) in Polen die unterschiedliche Inzidenz der Erkrankung bei Stadtbewohnern im Vergleich zu Dörflern. Es wurde spekuliert, dass Sonnenlicht oder frische Luft und Bewegung eine Rolle bei der Ätiologie der Krankheit spielen könnten [287].
Am Ende des 19. Jahrhunderts war bekannt, dass die Knochen von rachitischen Kindern einen niedrigen Kalzium- und Phosphatgehalt aufweisen. Eine Supplementierung mit diesen Mineralien führte jedoch nicht zur Vorbeugung oder Heilung der Krankheit. Eine Vielzahl von Ursachen für Rachitis wurde in jener Zeit von führenden Pathologen vorgeschlagen, einschließlich angeborener Syphilis und väterlicher Tuberkulose-Infektion [288]. Zweifellos waren diese Zustände häufig komorbid* (128), insbesondere in armen Industriegemeinden, daher ist die Verwirrung verständlich.
Rachitis trat vor allem in Städten in den höheren Breitengraden auf, was einen Mangel an Sonneneinstrahlung als eine der möglichen Erklärungen nahelegte. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts bestätigte sich die heilende Wirkung von direktem Sonnenlicht und Lebertran, und man entdeckte das vermeintlich „kalziumhaltige“ oder auch sog. „kalziumspendende Vitamin“ als den Faktor, der die Rachitis heilte.
Um die Wende zum vorigen Jahrhundert gab es also eine heftige Debatte darüber, ob Rachitis das Ergebnis des Mangels an Nahrungssubstanzen oder eines Umweltfaktors sei. Einige Forscher wie I. Owen und T. Palm unterstützten Ende des 19. Jahrhunderts eindeutig die Umwelt-Theorie, als sie unabhängig voneinander die großen geografischen Unterschiede beim Auftreten von Rachitis in verschiedenen Teilen des Vereinigten Königreichs und in den nördlichen und südlichen Regionen Chinas feststellten [286]. Aufbauend auf seinen umfangreichen Forschungen über die geografische Verbreitung von Rachitis mit Erfahrungen aus Japan und China schlug Palm* (129) [289] 1890 vor, dass die Einwirkung von Sonnenlicht die Krankheit verhindern könne. Dem folgten E. Buchholz* [290] 1904 und J. Raczynski* (130) 1913. Da er ebenfalls einen Mangel an Sonnenlicht als Krankheitsursache vermutete, schickte Letzterer rachitische Kinder 1912 zur Heilung in die Karpaten [291].
Die große Wende
Aber andere konzentrierten sich auf die Verfolgung einer diätetischen Ursache von Rachitis.
(Obwohl Rachitis, Skorbut, Beri-Beri und andere ähnliche Krankheiten seit Jahrhunderten bekannt waren, blieb die Ursache dafür bis weit ins zweite Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ungeklärt. Auf der Grundlage des Dogmas der einflussreichen deutschen Chemiker des 19. Jahrhunderts unter der Führung von Liebig bestand eine angemessene Ernährung aus 12 % Eiweiß, 5 % Mineralstoffen, 10–30 % Fett und 53-73 % Kohlenhydraten. Der Glaube, dass dies eine gesunde Ernährung definierte, sollte bis dahin überdauern.)
Bis 1919 hatte man eisern an der Überzeugung festgehalten, dass Rachitis eine Infektionskrankheit sei. Vielleicht nicht zufälligerweise markierte dasselbe Jahr einen Wendepunkt im Umgang mit der Krankheit. Das große Leid insbesondere der Kinder war angesichts der durch den Ersten Weltkrieg schwer angeschlagenen Nationen Europas omnipräsent, weshalb verzweifelt nach einer Lösung des Problems gesucht wurde.
Vor 1920 war die Häufigkeit von Vitamin D-Mangel bzw. von Rachitis und Osteomalazie in der Bevölkerung von Industriestädten extrem hoch. In manchen Großstädten lag die Häufigkeit von Rachitis-Symptomen Anfang des 20. Jahrhunderts bei geschätzten 60 bis 90 % [292]. Der durch die Industrie und private Holzfeuerung verursachte Smog legte sich damals bei bestimmten Wetterlagen häufig über Städte in Tal- und Kessellagen, so dass die UV-Strahlung der Sonne mehr oder weniger häufig abgeschirmt wurde. Im allgemeinen Bewusstsein war aber vor allem die schlechte Ernährungslage.
Dies war eine Zeit, in der Casimir Funk* (131) verschiedene Ernährungskrankheiten definiert hatte, indem er Tieren (im Speziellen Tauben) halbsynthetische Diäten verfütterte und die essentielle Natur bestimmter wasserlöslicher und fettlöslicher Substanzen demonstrierte, die er 1911 „Vitalamine“ oder „Vitamine“ nannte.
Aufbauend auf dieser Idee demonstrierte 1919 Sir Edward Mellanby* (132), dass eine halbsynthetische Diät aus Haferbrot bzw. -flocken und Magermilch ohne einen antirachitischen Faktor Rachitis bei Beagle-Hunden hervorrufen kann, und dass sie durch die Verabreichung von Butterfett, Vollmilch oder v. a. Lebertran geheilt werden kann. Dabei hatte er das wissenschaftliche Glück, dass die jungen Welpen eigentlich zufällig im Haus und weitgehend ohne Sonnenlicht gehalten wurden – wohl in Unkenntnis der sogar schon im 18. Jahrhundert durchgeführten Lichtversuche reiner Zufall. Der US-amerikanische Biochemiker Elmer V. McCollum* (133) und seine Mitarbeiter zerstörten 1922 das im Lebertran enthaltene Vitamin A durch simple Oxidation mit Sauerstoff. In Zusammenarbeit mit dem Pädiater J. Howland* (134) zeigte McCollum in weiteren Versuchen an Ratten, dass sich die im Tran verbleibende antirachitische Substanz von Vitamin A sehr wohl unterscheidet. Als viertes erforschtes Vitamin nach A, B und C bezeichnete McCollum sie folglich als Vitamin D.
1919 konnte gezeigt werden, dass die Heilung von Rachitis durch Bestrahlung mit künstlich erzeugtem UV-Licht möglich ist, 1921 wurde dies ebenfalls durch die Bestrahlung mit normalem Sonnenlicht nachgewiesen [294, 295].
Noch häufiger trat Rachitis bei Kindern in Kriegszeiten auf. In Berlin erkrankten während des Ersten Weltkriegs sogar ältere Kinder und Jugendliche daran. Damals standen das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn unter einer strengen Blockade durch die britische Marine, was mit zu einer völlig unzureichenden Ernährungslage der Zivilbevölkerung führte. Der Berliner Kinderarzt K. Huldschinsky* (135) hatte die blasse Haut seiner Patienten bemerkt und 1919 versucht, diese mit der sogenannten Höhensonne zu behandeln. Er versorgte die Kleinen mit Kalziumpräparaten und bestrahlte sie mit Quarz-Quecksilberdampflampen, also mithilfe einer UV-Lampe aus der Elektro-Industrie.
Er probierte dieses Verfahren anfänglich bei vier rachitischen Kindern und bestrahlte sie zweimal täglich. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Probanden mit keinem natürlichen Sonnenlicht in Kontakt kamen oder irgendwelche Ergänzungen zu ihrer Diät erhielten – eine Art des Menschen- bzw. Kinderversuchs, die heute (oder genauer gesagt: bis vor zwei Jahren) ethisch wohl kaum noch oder jetzt nur noch unter Anleitung mächtiger Pharma-Konzerne und deren Büttel in Politik und Medien akzeptabel erscheinen dürfte. Seinerzeit zeigte sich durchaus nach zwei Monaten ein Erfolg, welcher dann rasch bei 100 weiteren Kindern bestätigt wurde [296]. Nach Veröffentlichung seiner Ergebnisse richtete die AOK landesweit sog. Lichtbadeanstalten ein.
Das scheinbare Dilemma, warum sowohl Licht als auch eine diätetische Substanz Rachitis heilten, wurde schließlich durch die Arbeit von H. Chick* (136) [297] sowie die von H. Steenbock* (137) und A. Black gelöst, die unabhängig voneinander die doppelte Rolle von Ernährung und Sonneneinstrahlung bei der Vorbeugung von Rachitis untersuchten. Die beiden führten 1924 das endgültige Experiment durch, als sie zeigten, dass die Bestrahlung bestimmter Lebensmittel (z. B. Pflanzenöle oder Hefe) deren Vitamin-D-Aktivität erhöhte.
A.F. Hess dokumentierte diese bedeutsame Periode in der Geschichte von Vitamin D 1929 in einer Monographie zum Thema [298]. Tierisches Vitamin D, das in der Haut hergestellt wird, wurde von nun an als Vitamin D3 bezeichnet, hingegen pflanzliches als Vitamin D2.
Nicht unerwähnt bleiben soll die 1895 erfolgte Entdeckung der Röntgenstrahlung als diagnostisches Instrument. Dieses fand v. a. in den beiden darauffolgenden Jahrzehnten auch für den Bereich der Rachitis und der sich mit ihr beschäftigenden Forschung rasch zunehmende Anwendung, in entsprechenden Lehrbüchern dokumentiert (frühes Beispiel: [299]).
Die Stunde der Chemiker
Eigentlich hatte der französische Chemiker und Pharmazeut Tanret* (138) das D2-Prä-Vitamin Ergosterol bereits 1889 erstmals aus Mutterkorn isoliert, auch wenn es dann noch bis 1933 dauerte, bevor seine Struktur durch den amerikanischen Chemiker Louis Frederik Fieser aufgeklärt wurde [300].
Zu diesem Zeitpunkt war die genaue chemische Natur von Vitamin D noch unbekannt. In den späten 1920er Jahren klärte A. Windaus* (139), der 1913 schon das erste Vitamin (A) entdeckt hatte, die Struktur mehrerer Sterole auf, darunter die von Vitamin D3 und 7-Dehydrocholesterol, der Vorstufe von Vitamin D3 in der Haut.
Teilweise vorausgegangen waren Ende der 1920er und bis in die erste Hälfte der 1930er Jahre erfolgreiche Arbeiten von H. Brockmann* (140) an verschiedenen Methoden zur Isolierung von Vitamin D3 aus Fischöl.
Kurz, nachdem Steenbock und Black 1924 gezeigt hatten, dass die Bestrahlung bestimmter Lebensmittel zu einer erhöhten antirachitischen Aktivität in Form von Vitamin D führen kann, reichten Steenbock und die University of Wisconsin ein Patent* (141) ein, in dem sie behaupteten, dass die Bestrahlung von Hefe, die der Milch zugesetzt wird, deren Vitamin D-Gehalt erhöhen und bei der Vorbeugung von Rachitis nützlich sein könnte.
Anfang der 1930er Jahre wurde Vitamin D2 nach unterschiedlichen Methoden durch Windaus in Göttingen und bald darauf durch F. A. Askew, F. Anderton, Bourdillon* (142) und T. A. Webster in London aus einem Ergosterin-Bestrahlungsgemisch isoliert [301].
1932 wurde durch Windaus erstmals die Struktur von Vitamin D2 aufgeklärt., noch im gleichen Jahr kamen entsprechende Präparate auf den Markt. Drei Jahre später isolierte er auch 7-Dehydrocholesterol, die Vorstufe des Vitamin D3 in der Haut, und klärte seine Struktur auf. Vitamin D3 wurde 1937 durch Windaus und Bock identifiziert und wenig später auch chemisch synthetisiert.
Die Entdeckung von R. Nicolaysen* (143) et al. 1937, 1953 erhärtet und vertieft, dass Vitamin D die Aufnahme von Phosphor und Kalzium aus dem Dünndarm erhöht [302, 303], war ein weiterer wichtiger Fortschritt. Dies zeigte deutlich, dass Vitamin D ein wichtiger Faktor bei der Verwertung von diätetischem Kalzium war.
Die ersten Vitamin-D3-Präparate waren schließlich 1952 erhältlich.
Überdeutliche Erfolge, aber auch Rückschläge
Man kann sich wundern, warum nicht die therapeutischen Kenntnisse, die doch seit Jahrhunderten vorlagen, systematisch genutzt wurden. Das erinnert an die heutige Zeit – nicht nur bezogen auf Vitamin D, sondern z. B. auch auf den Hunger in der Welt. Doch schon vor der chemisch-strukturellen Aufklärung und letztlich Synthese des Wirkstoffes kam es zumindest im kleineren bzw. lokalen Rahmen endlich zu einem sinnvollen Einsatz der „neuen“ Möglichkeiten. Ein Beispiel liefert der oben erwähnte A. Hess* (144):
Im Jahr 1917, als Lebertran bereits als etabliertes Therapeutikum galt, beschloss Hess, zu untersuchen, „ob seine Nützlichkeit nicht auf die prophylaktische Behandlung von Rachitis ausgedehnt werden könnte“. Im Rahmen der Studie wurde Lebertran an Säuglinge verabreicht, unabhängig davon, ob sie Anzeichen von Rachitis aufwiesen. Es handelte sich dabei um eines der ersten gemeindebasierten Gesundheitsexperimente der Welt [306]. Die Studie [307] wurde im Columbus Hill District durchgeführt, da in diesem Bezirk eine schwierige wirtschaftliche Lage, hohe Morbidität und Mortalität beobachtet wurden. Im Jahr 1915 wurde die Säuglingssterblichkeit in ganz New York City gemessen, und Columbus Hill hatte die höchste Säuglingssterblichkeit aller Stadtteile (314 pro 1000 Geburten).
Die Ergebnisse dieser gemeindebasierten Studie waren hervorragend. Hess wies eine dramatische Verbesserung der Rachitis-Inzidenz nach, indem er 80 schwarzen Säuglingen prophylaktisch Lebertran verabreichte, wobei er die Sprosse dreimal täglich mit Lebertran fütterte. Mehr als vier Fünftel der Kinder, die das Öl sechs Monate lang einnahmen, entwickelten nie eine Rachitis, „obwohl sie alle unter den gleichen Bedingungen und viele in den gleichen Familien lebten.“ Hess und Unger schlugen daher grundsätzlich vor, Säuglingen Lebertran anzubieten [306].
E. Mellanbys Ehefrau M. Mellanby* (145), selbst Zahnärztin, nutzte Vitamin D zuerst in der Zahnmedizin und führte entsprechende Diät-Empfehlungen 1923 dort ein [308]. Wenige Jahre später kam es in Deutschland erstmals zur punktuellen Anwendung von Vitamin D nicht nur zur Rachitis-, sondern auch zur Kariesprophylaxe [309]. Speziell an Bonner Schulen wurde ein Prophylaxe-Programm aufgenommen, dessen Grundlagen v. a. A. Kantorowicz* (146) zu verdanken sind. Seine Maßnahmen zeigten rasch Erfolg: Sowohl die kindliche Rachitits- als auch die Kariesinzidenz konnten bis zum Ende der 1920er-Jahre drastisch gesenkt werden. Zum Dank und mit der klassischen akademischen Mitläufer-Unterstützung seiner Kollegen an der Univ. Bonn landete er 1933 im KZ und später im türkischen Exil [310].
An der humanitären Front führte die mittelfristige wissenschaftlich-technische Entwicklung und letztlich die Verpflichtung zur Anreicherung einer ganzen Reihe von Grundnahrungsmitteln mit Vitamin D (vgl. Kap. 17) zur weitgehenden Ausrottung von Rachitis/Osteomalazie in Kanada und den USA. In den Vereinigten Staaten war zunächst die Anreicherung von Milch und Milchprodukten mit Ergocalciferol mittels bestrahlter Hefe 1925 durch Steenbock zum Patent angemeldet worden und 1927 erstmals einer Firma die Lizenz zur Anreicherung von Frühstücks-Zerealien mit Vitamin D erteilt worden. Der Bestrahlungsprozess wurde 1934 erweitert, um eine mit Vitamin D angereicherte Milch direkt herstellen zu können. Den Menschen wurde empfohlen, eine „tägliche Dosis Sonnenlicht“ in ihre Ernährung aufzunehmen. Innerhalb von zwei Jahrzehnten wurde eine Vielzahl von Lebensmitteln mit Vitamin D angereichert, darunter Brot, Pudding, Hot Dogs, Limonade und sogar Bier.
Leider haben nicht alle Länder die Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D eingeführt, viele andere erst spät oder nur in minimalem Ausmaß. Bei gleichzeitig gering verbreiteter Substitution sehen wir folglich riesige Regionen weltweit, in denen immer noch Vitamin D-Mangel und Vitamin D-Insuffizienz in starkem Ausmaß zu verzeichnen sind.
Andererseits wurde in den ersten Jahren der nun auch möglich gewordenen Supplementierung teilweise zu sorglos umgegangen. Insbesondere in den USA war es bei Ärzten keinesfalls unüblich, Patienten auch über Jahre hinweg extrem hohe Dosen von 50000 IE täglich (damals noch als Vitamin D2) und mehr einnehmen zu lassen, so dass es in den 1930er und 1940er Jahren tatsächlich zu einigen Vergiftungen dort kam (siehe auch Kap. 9). Als 1941 die USA in den Krieg eintraten, und bei einem Drittel der neuen Rekruten Nährstoffmangel festgestellt wurde, hatte dies zur Folge, dass die Regierung nun zum ersten Mal eine Empfehlung zur Einnahme von Vitaminen – inklusive Vitamin D – empfahl und förderte.
Speziell wurde man auf die Möglichkeit einer Vitamin D-Vergiftung in der 1940er Jahren aufmerksam, als Menschen teilweise mit Vitamin D-Dosierungen von 200000 bis 300000 IE täglich behandelt wurden in der Hoffnung, auf diese Weise eine Rheumatoide Arthritis bei ihnen lindern oder heilen zu können [311].
In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg entschloss die britische Regierung sich für die Anreicherung von Milchpulver und Margarine mit Vitamin D, um die Unterversorgung zu bekämpfen, ordnete jedoch 1953 an, es nach einer „Hyperkalzämie-Epidemie“ zu entfernen. Damals waren mehrere Kinder in GB und der Schweiz mit erhöhten Kalziumwerten aufgefallen. Die Konsequenz aus der Beendigung von Lebensmittelanreicherung in GB war eine Epidemie von Vitamin-D-Mangel. Entsprechende Rückzieher wurden damals in sehr vielen Ländern der Erde vorgenommen.
In Kanada wurde die Vitamin D-Anreicherung von Milch 1974 verpflichtend, nachdem der Nutrition Canada Survey von 1971–1973 eine völlig unzureichende Aufnahme festgestellt hatte. Neufundland hatte jedoch längst als erstes Land überhaupt eine obligatorische Anreicherung von Milch, noch bevor es 1949 der Konföderation beitrat, und das blieb dort auch so.
Vitamin D-Metabolismus: Explodierender Wissenszuwachs
Enormen Auftrieb in der Aufklärung des Vitamin D-Stoffwechsels brachten spätestens in den 1960er Jahren auch immer mehr technische Neuerungen wie Massenspektrometrie, UV-Absorptionsspektrometrie, Kernspinresonanzspektrometrie und Umkehrphasenchromatographie. Ohne deren Hilfe wären die weiteren Erfolge kaum so schnell möglich gewesen:
J. W. Blunt, DeLuca* (147) und Schnoes entdeckten 1968 den ersten Aktivierungsschritt des Vitamin D3 in der Leber zu einem Zwischenprodukt, das heute als 25-Hydroxy-Vitamin D3 (25-OH-Vitamin D3) bekannt ist und die Speicherform des Vitamin D darstellt [312].
Wenige Monate danach wurde als Organ, das für die Umwandlung von Vitamin D3 in 25-OH-D 3 verantwortlich ist, die Leber bestimmt, indem eine fast vollständige Ausschaltung der Leber aus dem Kreislauf-System bei Ratten diese Umwandlung weitgehend eliminierte [313]. Letztlich konnte auch das maßgeblich dafür verantwortliche Enzym (CYP 2R1) ausfindig gemacht werden.
Mehreren Gruppen einschließlich der um DeLuca und Holick* (148) wurde die 1979 erfolgte Entdeckung und Identifizierung von Calcitriol, dem aktiven Vitamin D3, zugeschrieben, darunter denen von Egon Kodicek* (149), Anthony Norman und Mark Haussler* (150).
Fraser und Kodicek [314] zeigten schon 1970, dass die Umwandlung von 25-OH-Vitamin D3 in das, was später Holick und seine Mitarbeiter [315, 316] als 1,25-(OH)2-Vitamin D 3 finden sollten, in der Niere und insbesondere im proximalen gewundenen Tubulus stattfindet.
Die ersten chromatographiebasierten Methoden zur Vitamin-D-Bestimmung wurden in den 1970er Jahren entwickelt [317, 318, 319]. Diese Methoden ermöglichten die gleichzeitige Bestimmung von Vitamin D2, Vitamin D3, 25(OH)D2 und 25(OH)D3 aus biologischen Proben.
Obwohl schon lange vermutet, dass Vitamin D3 durch die Bestrahlung des doch schon 1935 isolierten 7-Dehydrocholesterol in der Haut entsteht, konnte dies erst 1978 nachgewiesen werden.
1979 berichteten W. Stumpf* (151) et al., dass 3H-1,25(OH)2D3 in den Kernen der meisten Gewebe im Körper einer Vitamin-D-defizienten Ratte konzentriert war [320]. Damit war bewiesen, dass der Vitamin-D-Rezeptor (VDR) nicht nur in kalziumregulierenden Geweben vorhanden war, sondern auch in Geweben, die nicht mit dem Kalzium- und Knochenstoffwechsel in Verbindung standen.
In den 1980er Jahren fanden intensive Untersuchungen zur Charakterisierung des Vitamin D-Rezeptors (VDR) statt.
1994 wurde erstmals von Nigel A. Morrison*(152) et al. darüber berichtet, dass ein Polymorphismus des Vitamin D-Rezeptors (VDR) die Knochendichte voraussagen könnte [321].
1997 gelang es unabhängig voneinander drei Gruppen, u.a. dem Team um K.-I. Takeyama (Tokyo), das für den 2. wesentlichen Schritt im Vitamin D-Stoffwechsel zuständige Enzym, CYP27B1, zu identifizieren. Es wurde mit Hilfe von Knockout-Mäusen kloniert.
Mit dem Aufkommen der Molekularbiologie wurden Transkripte von CYP27B1 in mehreren Arten von Zellen gefunden, die zuvor nicht als Produktionsstätte für 1,25-(OH)2-Vitamin D3 erkannt worden waren. Spätestens sich häufende Berichte um die Jahrtausendwende über sein Vorhandensein und seine Erzeugung in geringen Mengen auch in diesen nierenfernen Geweben haben eine parakrine/autokrine Funktion des Vitamin-D-Systems nahegelegt.
Mit dem Fortschritt der neuen Technologien hat sich unser Verständnis des endokrinen Vitamin-D-Systems und seiner biologischen Bedeutung exponentiell entwickelt. Das Hervorbringen einer Vitamin-D-Rezeptor-Knockout-Maus [322] und Gen-Microarrays mit hohem Durchsatz haben eine Fülle neu identifizierter Vitamin-D-Ziele in zahlreichen Geweben wie Knochen, Zellen des Immunsystems [323], dem Herz-Kreislauf-System [324] und der Skelettmuskulatur [325, 326] geliefert.
Ende der 1990er Jahre begann man auch, zu verstehen, wie Vitamin D den Kalzium- und Phosphatspiegel im Körper reguliert [327]. U. a. wurde 1999 mit dem TRPV5 der in der Niere für den Transport von Kalzium durch die Zellwand zuständige Ionenkanal (porenbildendes Transmembranprotein) entdeckt (TRPV = Transient Receptor Potential Vanilloid Channel). (Dessen strukturelle Aufklärung sollte noch sehr lange Zeit in Anspruch nehmen. Sie gelang letztlich durch die neu entwickelte Kryo-Elektronenmikroskopie, wofür 2017 der Chemie-Nobelpreis an Joachim Frank* (153), Jacques Dubochet und Richard Henderson ging.)
Im Jahr 2000 wurden weitere bedeutende Fortschritte im Erkennen der Abbau-Pfade des aktiven Vitamin D gemacht [328].
Erst 2003 wurde das Cytochrom P450 2R1 als das für die Umwandlung von Vitamin D in 25-OH-Vitamin D3 verantwortliche Enzym ausgemacht.
Von besonderem Interesse im Zusammenhang mit den parakrinen Funktionen des Vitamin D auf das Immunsystem war die 2009 gemachte Beobachtung, dass während der Aktivierung von Makrophagen bestimmte Rezeptoren (Toll-like Receptors) aktiviert wurden, die die Makrophagen zur Expression der 25-OH-Vitamin D-1α-Hydroxylase veranlassten. Dies führte dazu, dass diese Abwehrzellen über die Produktion von Calcitriol in der Lage versetzt wurden, mit dem VDR in der Form zu interagieren, dass es zur Expression und Produktion von Cathelicidin kam. Hierbei handelt es sich um Schutz-Proteine, die für die Abtötung und Auflösung von Infektionserregern einschließlich Bakterien und Viren verantwortlich sind [329].
Erweiterte therapeutische und prophylaktische Perspektiven
Die Entdeckung der Metaboliten und Enzyme, die am Vitamin-D-Stoffwechsel beteiligt sind, führte auch zur chemischen Synthese dieser potenten Moleküle und ihrer Verwendung als Arzneimittel. Neben synthetischem 25-OH-Vitamin D3 und 1,25-(OH)2-Vitamin D3 verfügen wir heute über ein breites Spektrum an Vitamin-D-Analoga, die bei Vitamin-D-Mangel als Vitamin-D-Ersatz dienen.
Neben der einfachen Vitamin-D-Mangel-Rachitis gibt es weitere genetisch bedingte und erworbene Erkrankungen, die zu einem Mangel an der aktiven Form von Vitamin D führen. Diese können ebenfalls mit dieser Reihe von Medikamenten behandelt werden:
Genetische Erkrankungen sind selten, resultieren jedoch aus defekten Vitamin-D-metabolisierenden Enzymen. So wurde der verantwortliche Defekt für die erbliche Vitamin D-abhängige Rachitis schon 1973 beschrieben [330]. Daher ist in diesen Fällen der Körper nicht in der Lage, ausreichend Calcitriol herzustellen. Zu den erworbenen Krankheiten gehört die chronische Nierenerkrankung, die im Endstadium eine fehlende Synthese von Calcitriol und somit schwere Mangel-Symptome beinhaltet (renale Osteodystrophie).
Auch genetisch bedingte Überempfindlichkeiten gegenüber Vitamin D wurden mehr und mehr in ihren Zusammenhängen entschlüsselt. So kommt es bei der idiopathischen infantilen Hyperkalzämie durch eine dysfunktionale Variante des für den Abbau von Calcitriol mitverantwortlichen Enzyms CYP24A1 zu Erhöhungen von 1,25-(OH) 2-Vitamin D3 im Serum [331], wie man 2011 herausfand.
Nach zuletzt rasch zunehmenden Erkenntnissen über zahlreiche Korrelationen zwischen Vitamin D-Spiegel und neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Depression, Kognitiven Schwächen [332], Demenz, Schizophrenie oder ADHS seit den 1980er Jahren gelang es gerade in den vergangenen 10 bis 12 Jahren in immer mehr Studien, auch physiologische Zusammenhänge aufzudecken und damit die Annahme eines kausalen Zusammenhangs zu erhärten [333, 334 , 335 , 336]. U. a. zeigte eine tierexperimentelle Studie 2018 [337] nicht nur die deutlich gesteigerte Lernfähigkeit des Gehirns unter einer verbesserten Vitamin D-Versorgung, sondern auch ein hierunter gefördertes Wachstum des Hippocampus. Dieser ist als entscheidende Gehirnstruktur für Erinnerungs- und Denkfunktion anzusehen.
Kleine Grenzwert-Historie
Bis 1998 waren 10 ng/ml als Grenze zum Vitamin D-Mangel allgemein anerkannt. 2011 befand das IOM (Institute of Medicine) in den USA 20 ng/ml als neuen Marker für einen zu fordernden Mindest-Spiegel. Im selben Jahr bekräftigte die Endokrine Society der Vereinigten Staaten 30 ng/ml als Schwelle zum Normalen. Dies fand in den darauffolgenden Jahren die Zustimmung von National Osteoporosis Foundation der USA, International Osteoporosis Foundation, American Association for Clinical Endocrinologists und der American Geriatric Society.
2015 befand die GrassrootsHealth mit 48 Vitamin D-Forschern weltweit eine Serum-Konzentration zwischen 40 und 60 ng/ml als optimalen Zielwert.
Zusammenfassung:
Vor ca. 3Mrd. Jahren: Die Vitamin D-Historie beginnt mit seiner Entstehung vermutlich schon in den ersten Lebensformen.
1582: Bereits damals wird die Rachitis beschrieben, die sich Jahrhunderte später als weit verbreitete Mangelerkrankung herausstellen soll.
1789: Percival schlägt den ernährungsphysiologischen Charakter des erst viel später entdeckten Vitamin D vor, indem er die Verwendung von Lebertran zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen empfiehlt.
18./19. Jahrhundert: Therapeutische Meilensteine sind zunächst im 18. Jahrhundert die ersten Versuche mit Licht, die in unterschiedlicher Variation aber noch bis ins 20. Jh. erfolgen, und die Anwendung von Lebertran in den 1820er Jahren (Deutschland: 1824).
1889: Der französische Chemiker und Pharmazeut Tanret isoliert das D2-Prä-Vitamin Ergosterol erstmals aus Mutterkorn.
1890: Der britische Arzt Dr. T. A. Palm macht die erst Jahrzehnte später bahnbrechende Entdeckung der antirachitischen Eigenschaften des Sonnenlichts.
1911: Die Idee der Vitamine wird zuerst von Casimir Funk vorgeschlagen, der sich vorstellt, auch gestützt auf eigene Tierversuche, dass ein „lebenswichtiges Amin“, das in Lebensmitteln vorhanden ist, für Gesundheit und Überleben erforderlich ist; den Namen „Vital-Amine“ sowie kurz „Vitamine“ führe er 1912 ein. (1936 kann er die Struktur des Vitamin B1 entschlüsseln und entwickelt eine Methode zu dessen Synthetisierung.)
1916: Steenbock stellt nach seinen Untersuchungen an Ziegen die gedankliche Verbindung zwischen Sonnenbestrahlung und Kalziumanreicherung her.
1919: Es kann gezeigt werden – auch im Menschenversuch -, dass die Heilung von Rachitis durch Bestrahlung mit künstlich erzeugtem UV-Licht möglich ist.
1919: Die Vorstellung von der Rachitis als Infektionskrankheit, welche sich bis dahin hartnäckig gehalten hatte, wird nun rasch aufgegeben.
1921: Die Rachitis-heilende Wirkung von Lichtwellen wird nun auch für normales Sonnenlicht eindeutig nachgewiesen.
1922: In Zusammenarbeit mit dem Kinderarzt John Howland zeigt der US-amerikanische Biochemiker Elmer V. McCollum – zusätzlich inspiriert durch die 1919 veröffentlichten Versuche mit Hundewelpen durch Mellanby -, dass sich die in Lebertran enthaltene antirachitische Substanz von Vitamin A unterscheidet, und er nannte die antirachitische Substanz Vitamin D.
1924: Steenbock und Black weisen die rachitisprophylaktische Wirkung bestimmter bestrahlter Lebensmittel nach. Kurz darauf wird der Vorschlag zum Patent eingereicht, der Milch bestrahlte Hefe zuzusetzen, um eine Anreicherung mit Vitamin D zu erzielen und der Erkrankung so vorzubeugen.
1926: B. Jansen und W.F. Donath isolieren das erste Vitamin: Vitamin B1 (Thiamin).
Ende der 1920er und bis in die erste Hälfte der 1930er Jahre: Der Chemiker Hans Brockmann arbeitet erfolgreich an Methoden zur Isolierung von Vitamin D3 aus Fischöl.
In den späten 1920er Jahren klärt Adolf Windaus die Struktur mehrerer Sterine – wie letztlich auch des Vitamin D 3 – auf und erhält dafür 1928 den Chemie-Nobelpreis.
Anfang der 1930er Jahre: Vitamin D 2 wird nach unterschiedlichen Methoden durch Windaus in Göttingen und kurz darauf durch F. A. Askew, Anderton, Bourdillon und Webster in London aus einem Bestrahlungsgemisch von Ergosterin isoliert.
1932: Erstmals wird die Struktur von Vitamin D2 aufgeklärt, ebenfalls durch Windaus.
1932: Erste industriell erzeugte Vitamin-D2-Präparate sind auf dem Markt (ursprüngliche Bezeichnung: Viosterol).
1933: Die chemische Struktur des D2-Prä-Vitamins Ergosterol wird aufgeklärt.
1935: Adolf Windaus isoliert auch 7-Dehydrocholesterol, die Vorstufe des Vitamin D3 in der Haut, und klärt seine Struktur auf.
1937: Vitamin D3 wird durch Windaus und Bock identifiziert.
1952: Die ersten Vitamin-D3-Präparate kommen auf den Markt.
1968: Blunt, DeLuca und Schnoes entdecken den ersten Aktivierungsschritt des Vitamin D 3 in der Leber zu einem Zwischenprodukt, das heute als 25-Hydroxy-Vitamin D3 (25-OH-Vitamin D 3) bekannt ist. Damit erfolgt die Aufgabe der Vorstellung, Vitamin D sei selbst metabolisch aktiv.
1969: Die Leber erweist sich im Wesentlichen als dasjenige Organ, das für die Umwandlung von Vitamin D3 in 25-OH-Vitamin D 3 alleine verantwortlich ist.
1970: Mehreren Gruppen einschließlich der um DeLuca und Holick wurde die Entdeckung und Identifizierung von Calcitriol, dem aktiven Vitamin D3, zugeschrieben, darunter denen von Egon Kodicek, Anthony Norman und Mark Haussler.
1971 und 1972: Die wichtigsten Rückkopplungs-Systeme im Vitamin D-Metabolismus (u. a. Kalzium, Parathormon) werden aufgedeckt.
1978: Mit den proximalen Tubuli kann der genaue Ort der 1,25-(OH)2 -Vitamin D3-Produktion in der Niere angegeben werden.
Seit den 1990er Jahren: Durch zahlreiche Experimente mit VDR-Knockout-Mäusen gelangen Forscher auf molekulargenetischer Basis zu immer neuen Erkenntnissen über die multiplen Funktionen von Vitamin D.
1994: Erstmals wird ein Zusammenhang von Knochendichte und VDR-Polymorphismus formuliert.
1997: CYP27B1 wird als das Enzym identifiziert, das die Speicherform des Vitamin D in das aktive Hormon umwandelt.
1999: TRPV5 wird als derjenige Ionenkanal entdeckt, der in der Niere für den Transport von Kalzium durch die Zellwand zuständig ist. (TRPV = Transient Receptor Potential Vanilloid Channel)
Um die Jahrtausendwende: Sich häufende Berichte über das Vorhandensein und die Erzeugung von 1,25-(OH)2-Vitamin D3 in geringen Mengen in nierenfernen Geweben legen zunehmend eine parakrine/autokrine Funktion des Vitamin-D-Systems nahe.
2003: Cytochrom P450 2R1 wird als das für die Umwandlung von Vitamin D in 25-OH-Vitamin D3 verantwortliche Enzym ausgemacht.
2009: Wichtige Schritte der Aktivierung von Makrophagen bzw. der Expression und Produktion von Cathelicidin durch Vitamin D werden geklärt.
2018: Der Nachweis einer Abhängigkeit kognitiver Funktionen (Erinnerungsfähigkeit, Lernfähigkeit) und der Volumen-Zunahme des Hippocampus vom Vitamin D-Status gelingt im Tierversuch.
Anmerkungen (*):
(117): Daniel Whistler, 1619–1684, englischer Arzt und Physiker, Professur für Geometrie in Oxford. Er schrieb das erste gedruckte Buch über Rachitis.
(118): Francis Glisson (1597 oder 1956 bis 1677) war ein englischer Anatom und Physiologe. Professuren in Cambridge und London.
(119): Dr. Thomas Percival, 1740 bis 1804, englischer Arzt. Schwerpunkt seines speziellen Interesses waren die Spaltungen, die zwischen den verschiedenen Zweigen des medizinischen Berufsstandes – Ärzten, Chirurgen und Apothekern – bestanden. Er gilt als Begründer der neuzeitlichen Medizinethik.
(120): Christian Friedrich Michaelis (1754 bis 1814) war ein deutscher Arzt. Er erhielt 1783 die Professur für Anatomie und praktische Medizin in Kassel, 1786 den Lehrstuhl für Anatomie an der Universität Marburg. 1800 stand er dieser als Prorektor vor.
(121): Dichotomie bedeutet Zweigliedrigkeit einer einheitlichen Struktur. Gemeint ist hier die Versorgung des Organismus mit Vitamin D bzw. die Heilung von Rachitis auf zwei voneinander unabhängige Wege
(122): Carl Adolf Christian Jacob Gerhardt, Professor der Medizin mit Haupt-Wirkungsorten Jena, Würzburg und Berlin, schrieb Lehrbücher wie das Handbuch der Kinderkrankheiten und gilt u.a. als einer der Begründer der Pädiatrie.
(123): 1801 bis 1867, Professuren in Tours und Paris.
(124): Sir John Bland-Sutton, 1855 –1936, erster Dozent für vergleichende Anatomie und später Chirurg in London. Seine Arbeiten wurden in den Proceedings of the Zoological Society veröffentlicht.
(125): Sir Frederick Gowland Hopkins (1861 – 1947), englischer Mediziner, Physiologe und Toxikologe sowie Biochemiker – ein Fachgebiet, das er mit seiner Professur in Cambridge überhaupt als erster dort vertrat. Nobel-Preis für Physiologie/Medizin 1929 zusammen mit Ch. Eijkman in Anerkennung der Entdeckung von Vitaminen. U.a. entdeckte er auch die Aminosäure Tryptophan, 1901.
(126): Steven Moulton Babcock, 1843 bis 1931, US-amerikanischer Agrikulturchemiker, Abteilungsleiter an der Univ. von Wisconsin. Er entwickelte ein Messverfahren zur Bestimmung des Fettgehalts von Milch.
(127): Jędrzej (Andrzej) Śniadecki, 1768 bis 1838, polnischer Arzt, Chemiker, Biologe und Philosoph, Professur im Bereich Medizin und Chemie in Vilnius.
(128): Das bedeutet, sie kamen gleichzeitig bei denselben Menschen vor.
(129): Dr. Theobald Adrian Palm (1848 – 1929), britischer Arzt und Missionar niederländisch-schottischer Abstammung, geboren auf Ceylon (Colombo). Er fertigte u. a. umfangreiche epidemiologische Karten zur Verbreitung der Rachitis an.
Seine Kenntnisse bezog er nicht zuletzt aus eigenen Beobachtungen, u. a. während seines Aufenthaltes in Japan von 1875 bis 1884, sowie in Nord-England, aber auch aus zahlreichen Kontakten zu anderen medizinisch engagierten Missionaren speziell aus Ost- und Süd-Asien und aus Afrika.
(130): Jan Rudolf Raczyński (1865–1918), polnischer Kinderarzt und Forscher.
(131): Casimir Funk, eigentlich Kazimierz Funk , 1884–1967, polnisch-amerikanischer Biochemiker. Er prägte in der irrigen Annahme, dass alle der seit Ende des 19. Jahrhunderts erforschten Nahrungsinhaltsstoffe Aminogruppen enthielten, für sie den Begriff „Vitamine“, der sich trotz anderslautender späterer Erkenntnisse hielt. Er hatte 1914 Nicotinsäure, das Vitamin B3, isoliert. 1936 konnte er die Struktur des Vitamin B1 entschlüsseln und entwickelte eine Methode zu dessen Synthetisierung.
(132): Sir Edward Mellanby (1884 bis 1955) war ein britischer Mediziner und Ernährungswissenschaftler.
(133): Elmer Verner McCollum (1879 bis 1967), US-amerikanischer Biochemiker, Professur an der Johns Hopkins Universität in Baltimore, gilt als Vorreiter der Ernährungsbiochemie. Ihm wird zusammen mit der Biochemikerin Marguerite Davis (1887 – 1967) die Entdeckung der Vitamine A und B 1913 zugeschrieben. Außerdem führte er 1916 die differenzierte Bezeichnung der Vitamine in Großbuchstaben alphabetischer Folge ein. Seine bahnbrechende Arbeit über experimentelle Rachitis [293] war die erste, die die Existenz eines Vitamins nachwies, das für die Kalziumeinlagerung verantwortlich war und später als Vitamin D bezeichnet wurde.
(134): Dr. Dr. John Howland, US-amerikanischer Pädiater mit hauptsächlicher Lehrtätigkeit an der Johns Hopkins Universität in Baltimore. Nach ihm ist die höchste Auszeichnung durch die Amerikanische Pädiatrische Gesellschaft benannt, der John Howland Award.
(135): Dr. Kurt Huldschinsky, deutscher Kinderarzt, wurde 1929 aufgrund seiner Forschungen für den Medizin-Nobelpreis vorgeschlagen, verstarb 1940 im ägyptischen Exil.
(136): Dr. Dame Harriette Chick (1875 bis 1977), britische Mikrobiologin und Ernährungswissenschaftlerin.
(137): Harry Steenbock,1886 bis 1967, , US-amerikanischer Biochemiker, Univ. of Wisconsin-Madison. Vitamin-Forscher mit Schwerpunkt auf Vitamin A und D.
(138): Charles Joseph Tanret, 1847 bis 1917, französischer Chemiker, Pharmazeut und Apotheker. Wissenschaftlicher Schwerpunkt war die Pflanzenchemie.
(139): Adolf Otto Reinhold Windaus (1876 bis 1959) war ein deutscher Chemiker und Biochemiker, Professuren in Freiburg, Innsbruck und Göttingen. Er gab 1927 die Entdeckung des Vitamin D bekannt und wurde 1928 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.
(140): Hans Brockmann, 1903 bis 1988, Chemiker, Professur in Göttingen.
(141): Dieses Patent führte zur Gründung der Wisconsin Alumni Research Foundation (WARF) und leitete die Kommerzialisierung des Wissenschaftsbetriebes ein.
(142): Dr. med. Robert Benedict Bourdillon, 1889 bis 1971, britischer Chemiker und Arzt.
(143): Ragnar Nicolaysen, 1902 – 1986, norweg. Physiologe, Professur in Oslo. Wissenschaftlicher Schwerpunkt waren ernährungsphysiologische Fragestellungen.
(144): Alfred F. Hess, 1875-1933, US-amerikanischer Physiologe und in New York praktizierender Kinderarzt. Wissenschaftliche Hauptleistungen sind der endgültige Nachweis des rachitisheilenden Effektes von Sonnenlicht 1921 sowie von bestimmten mit UV-Licht bestrahlten Lebensmitteln incl. von Muttermilch mit UV-Licht-bestrahlter Frauen 1924 zusammen mit Mildred Weinstein [304], mit der er auch den wirksamen Bereich des UV-Lichtes charakterisierte. [305]
(145): Dr. h.c. May Mellanby, 1882 – 1978, engl. Zahnärztin, Forscherin und Dozentin in London, führte Vitamin D-haltige Ernährung in die Zahnmedizin ein.
(146): Prof. Alfred Kantorowicz (1880–1962), deutsch-jüdischer Zahnarzt, Kieferchirurg, Kieferorthopäde und plastischer Chirurg, steht für die Entwicklung und Etablierung einer systematischen Jugend- und Schulzahnpflege, gilt als Initiator der zahnärztlichen Prophylaxe und leistete Pionierarbeit in der Diagnostik und Therapie von Kiefer- und Zahnfehlstellungen.
(147): Hector Floyd DeLuca, geb. 1939, US-amerikanischer Biochemiker, Professur in Wisconsin. Fettlösliche Vitamine sowie Zelldifferenzierung als wissenschaftliche Scherpunkte.
(148): Michael F. Holick, geb. 1946, US-amerikanischer Internist, Endokrinologe und Biochemiker mit Forschungsschwerpunkt in der Vitamin D-Forschung. Er identifizierte sowohl Calcidiol als auch Calcitriol, die aktive Form von Vitamin D. Professuren in Boston für Medizin, Physiologie und Biophysik sowie zahlreiche weitere Leitungsfunktionen.
(149): Egon Hynek Kodicek (1908 bis 1982), tschechischer Biochemiker und Ernährungswissenschaftler, Professur in Cambridge. Ein Scherpunkt seines wissenschaftlichen Werks lag auf der Vitamin-Forschung, speziell befasste er sich intensiv mit den Funktionen des Vitamin D und hierbei vorwiegend mit dessen Speicherung.
(150): Mark R. Haussler, Internist und Endokrinologe, Professur in Phoenix/Arizona, hat sich besonders um die Erforschung des Vitamin D-Rezeptors unter biologischen und molekulargenetischen Aspekten verdient gemacht.
(151): Walter E. Stumpf,1927 bis 2012, deutscher Neurologe und Psychiater, Zellbiologe und Pharmazeut sowie Pionier der Neuro-Endokrinologie. Professuren in Berlin, Chicago, North Carolina, Tokyo, Sao Paulo, Forschungstätigkeit u. a. auch in Marburg im Bereich Strahlenbiologie und Nuclearmedizin sowie in Heidelberg. Einige seiner wissenschaftlichen Schwerpunkte waren die Lokalisation von Pharmaka im Gehirn sowie die Entwicklung von Vitamin D-Analoga.
(152): Prof. Nigel Alexander Morrison, geb. 1959, ist ein weltweit führender Australischer Molekular-Biologe sowie promovierter Philosoph, forschte v. a. in Sydney und Griffith, hat seinen Schwerpunkt auf dem Gebiet des Knochenstoffwechsels.
(153): Prof. Dr. Joachim Frank, geb. 1940, ist ein unglaublich vielseitiger Forscher. Von Hause aus Physiker, hat er Professuren in unterschiedlichen Fachgebieten bekleidet, u. a. im Bereich Biochemie, Biomedizin, Zellbiologie und Biowissenschaften. Er hat an zahlrechen Universitäten und Instituten gewirkt, so in Berkeley, Heidelberg, Cambridge und New York. Er leistete wesentliche Beiträge zur Kryoelektronenmikroskopie von Einzelmolekülen und konnte damit wesentlich zur Aufklärung der Struktur und Funktion von Ribosomen beitragen.
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