Vitamin D-Versorgung in Deutschland

Kapitelübersicht

Wie ist es um die Vitamin D-Versorgung in Deutschland bestellt?

Zunächst zur Orientierung:

Deutschland liegt zwischen dem 47. und dem 55. nördlichen Breitengrad. Mangelernährung war im Untersuchungszeitraum praktisch nicht existent.

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Mangel lange bekannt

Laut einer Untersuchung des Max-Rubner-Instituts aus den Jahren 2005 bis 2008 lag der Blutwert hierzulande im Zeitraum zwischen November und April bei 68 Prozent der Männer und bei 61 Prozent der Frauen unterhalb von 20 ng/ml. Jeder fünfte Mann und jede fünfte Frau hatten sogar weniger als 10 ng/ml, also einen schweren Mangel [240]. Ähnliche Zahlen wurden in einer Veröffentlichung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) genannt.

Gemäß einer 2016 publizierten RKI-Studie [37] auf dem Boden von Messungen an knapp 7000 Probanden aus den Jahren 2008 bis 2011 wurden für die deutsche Bevölkerung zwischen 18 und 79 Jahren 25(OH)-Vitamin D-Spiegel von unter 30 nmol/l bzw. < 12 ng/ml in 30,2 % ausgewiesen (Frauen 29,7 und Männer 30,8 %), Werte < 50 nmol/l bzw. < 20 ng/ml sogar in 61,6 % (Frauen 61,4 und Männer 61,7 %). Im Winter betraf der Mangel 82,4 % der Erwachsenen.

Standardisierungs-Studie

In einer gleichfalls vom RKI durchgeführten Untersuchung von 2018 [241] wurden nicht nur die Daten der genannten Laborbestimmungen aus der Zeit November 2008 bis Dezember 2011 (DEGS1)* (110) zugrunde gelegt, sondern jeweils separat auch die von zwei weiteren Messreihen: dem zwischen Oktober 1997 und März 1999 an gut 4000 Erwachsenen und Kindern durchgeführten Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (BGS98) sowie einer Teilmenge der von Mai 2003 bis Mai 2006 vorgenommenen KiGGS* (111) im Umfang von über 10000 Kindern und Jugendlichen.

Das Besondere an dieser Studie war der Versuch einer retrospektiven Standardisierung mit Hilfe eines aus den USA stammenden Protokolls* (112). Dabei wurden insgesamt knapp 500 der über 21000 Serumproben mit modernster Technik (LC-MS/MS, siehe Kap. 11) nachuntersucht. (Anders als in europäischen Ländern im Rahmen solcher Standardisierungen bis dato möglich, wurden auch altersbezogene Untergruppen analysiert.)

Solche Standardisierungen sollen helfen, eine bessere Vergleichbarkeit von Messergebnissen unterschiedlicher Labormethoden, aber auch im internationalen Vergleich oder in der Entsprechung unterschiedlicher Zeiträume zu ermöglichen.
Auf Basis der neuen standardisierten Daten aus DEGS1 und KiGGS wiesen 15,2 % der Erwachsenen und 12,5 % der Kinder einen Vitamin D-Spiegel von weniger als 30 nmol/l auf, also von weniger als 12 ng/ml. Selbst nach solchermaßen konservativen Grenzwerten entspräche das für die deutsche Bevölkerung im Alter zwischen 1 und 79 Jahren einem Mangel bei 11 Millionen Personen.

Aus den standardisierten Serum-25(OH)-Vitamin D-Daten von BGS98 und DEGS1 in der genannten Arbeit geht weiterhin hervor, dass die Prävalenz des Vitamin-D-Mangels über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren stabil geblieben ist. Allerdings war die ebenfalls sehr konservativ definierte Insuffizienzprävalenz (30 bis < 50 nmol/l) in der neueren DEGS1-Erhebung deutlich höher als noch beim BGS98 (41 % vs. 27 %). Demnach hatten mit Stand von vor ca. 13 Jahren alleine mehr als 41 Millionen Bundesbürger (ca. 56 %) Vitamin D-Spiegel, die unterhalb von 20 ng/l lagen.

Jahreszeitliche Besonderheiten wurden bei dieser Statistik noch gar nicht berücksichtigt.

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Zusammenfassung

  • Die vorhandenen repräsentativen Untersuchungen für Deutschland legen extrem konservative Grenzwerte zugrunde.
  • Dennoch zeigen die Daten – auch nach Standardisierung und bei ganzjähriger Betrachtungsweise – eine starke Unterversorgung mit Vitamin D, von der die Mehrheit in unserem Land betroffen ist.
  • Die ausgewerteten Daten aus den letzten 25 Jahren lassen keine Besserung der Vitamin D-Versorgung in Deutschland erkennen, bis vor ca. 10 Jahren zumindest legen sie sogar eine Zunahme suboptimaler Werte nahe.

Anmerkungen (*):

(110): Studie zur Gesundheit von Erwachsenen in Deutschland

(111): Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland

(112): Es handelt sich um das sog. VDSP (Vitamin D-Standardisierungs-Protokoll) [242], das 2010 ins Leben gerufen wurde.

Quellen:

[240]: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-062012/das-hormon-der-streithaehne/.

[241]: Rabenberg M, Scheidt-Nave C, Busch MA, Thamm M, Rieckmann N, Durazo-Arvizu RA, Dowling KG, Škrabáková Z, Cashman KD, Sempos CT, Mensink GBM. Implications of standardization of serum 25-hydroxyvitamin D data for the evaluation of vitamin D status in Germany, including a temporal analysis. BMC Public Health. 2018 Jul 6;18(1):845. https://doi.org/10.1186/s12889-018-5769-y.

[242]: Binkley N, Sempos CT, Vitamin DSP. Standardizing vitamin D assays: the way forward. J Bone Miner Res. 2014;29:1709–1714. https://doi.org/10.1002/jbmr.2252.

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