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Wie die hessenschau mit der halben Wahrheit ganze Lügen verbreitet
Am 9. September berät der Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks u.a. über eine Programmbeschwerde bezüglich eines Artikels in der hessenschau. Die falsche Kernaussage des Artikels war nur plausibel begründbar, indem den Lesern wesentliche Informationen vorenthalten wurden.
Lückenpresse: Lügen durch Auslassung
Mit dem Begriff „Lückenpresse“ beschrieb Ulrich Teusch eine Strategie der etablierten Medien, ihre Leser zu täuschen, ohne explizit zu lügen [1]. Sie beruht auf der Unterdrückung wesentlicher Informationen und dem Messen mit zweierlei Maß. Eine Programmbeschwerde über einen Artikel der hessenschau verdeutlicht dies am praktischen Beispiel.
Die zentrale Aussage des Artikels von Danijel Majić über das Versammlungsrecht während der Coronamaßnahmenkrise lautet, dass es das „Verdienst von Flüchtlings- und Umweltaktivisten aus Hessen“ gewesen sei, dass während der Lockdowns überhaupt demonstriert werden durfte [2]. Explizit behauptet er sogar,
„die zahlreichen Demonstrationen aus dem sogenannten Querdenker-Spektrum wären ohne das Engagement der Seebrücke und der Projektwerkstatt Saasen so nicht denkbar gewesen.“
Programmbeschwerde
Dass diese Aussage schlicht falsch ist, hat Dr. Frank Michler in einer Programmbeschwerde ausführlich dargelegt [3]. Unklar ist nur, ob der HR-Redakteur seine Leser absichtlich belogen hat, oder er „nur“ von seinem Thema keine Ahnung hat und ihm grundlegende Fähigkeiten zur journalistischen Recherche fehlen.
„Keine der beiden Möglichkeiten ist aus Sicht der Leser und Gebührenzahler akzeptabel“,
schreibt Dr. Michler in seiner Erwiderung [5] auf die Antwort des Intendanten Florian Hager. Denn in seiner Antwort [4] behauptete Hager zwar, er könne „keinen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht erkennen“, gab der Argumentation der Beschwerde aber inhaltlich recht:
„Es liegt die Vermutung nahe, dass das BVerfG im ähnlich gelagerten Ballweg-Fall zu einem annähernd gleichen Ergebnis gekommen wäre, wenn es die Klage der Projektwerkstatt nicht gegeben hätte.“
Florian Hager in seinem Schreiben vom 26.07.2025 [4]
Rückblick: Autoritäre Maßnahmen im Frühjahr 2020
Um die Hintergründe zu verstehen, müssen wir uns an die ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 zurückerinnern. Damals hatten die Bundesländer „Maßnahmen“ erlassen, die man sonst nur aus autoritären Staaten kennt, darunter ein totales Versammlungsverbot. Weder die Landesregierung aus CDU und Grünen in Hessen noch die von CDU/CSU und SPD geführte Bundesregierung hatten ein Problem mit solchen offenkundig verfassungswidrigen Einschränkungen der Grundrechte. Genau die Parteien, die uns jetzt erzählen, sie wollten die UnsereDemokratie™ retten.
Rechtliche Schritte von Projektwerkstatt Saasen UND Querdenken Stuttgart
Sowohl linke Aktivisten um den Mitgründer der Projektwerkstatt Saasen Jörg Bergstedt als auch Kritiker der Coronamaßnahmen um den Gründer von Querdenken 711, Michael Ballweg, gingen rechtlich gegen die Versammlungsverbote vor. Die Verfahren gingen durch alle Instanzen und landeten schließlich am 15.04.2020 und 17.04.2020 vor dem Bundesverfassungsgericht. Beide bekamen recht, so dass die totalen Versammlungsverbote als verfassungswidrig erkannt wurden.
Die hessenschau geht nur auf den von Bergstedt erstrittenen Beschluss vom 15.04.2020 (1 BvR 828/20) ein. Hätte der Autor auch den von Ballweg am 17.04.2020 erstrittenen Beschluss (1 BvQ 37/20) erwähnt, wäre die zentrale Aussage des Artikels nicht mehr haltbar. Sie hätte dann lauten müssen:
„die zahlreichen Demonstrationen aus dem sogenannten Querdenker-Spektrum wären auch ohne das Engagement der Seebrücke und der Projektwerkstatt Saasen
so nichtGENAUSO denkbar gewesen, da zwei Tage später das Bundesverfassungsgericht auch Michael Ballweg, dem Gründer von Querdenken 711, recht gab.“
Programmausschuss berät am 09.09.2025 über Beschwerden
In seiner Sitzung am 9. September 2025 berät der Programmausschuss des Hessischen Rundfunkrates über diese und 13 weitere Beschwerden [6]. Hier wird sich zeigen, ob journalistische Sorgfalt für den HR noch wichtig ist, oder ob die Beschwerden einfach abgewiegelt werden. Da die Sitzungen vertraulich sind, werden die belogenen Leser der Hessenschau wohl nie erfahren, mit welchen Argumenten Beschwerden hinter verschlossenen Türen abgewiesen werden.
Quellen
[1] „Lückenpresse“ – Ulrich Teusch, 01.05.2018
https://westendverlag.de/Lueckenpresse/1450
[2] Danijel Majić, „Protest und Pandemie – wie in Hessen das Versammlungsrecht verteidigt wurde“, 01.03.2025
https://www.hessenschau.de/gesellschaft/protest-und-pandemie—wie-in-hessen-das-demonstrationsrecht-verteidigt-wurde-v1,corona-demonstrationen-klagen-100.html
[3] Programmbeschwerde von Dr. Frank Michler vom 16.06.2025
https://weiterdenken-marburg.de/wp-content/uploads/2025/06/programmbeschwerde_majic_wg_artikel_2025-03-01_npi.pdf
[4] Antwort des HR-Intendanten Florian Hager an Dr. Frank Michler vom 26.06.2025
https://weiterdenken-marburg.de/wp-content/uploads/2025/09/2025-06-26_Antwort_hr_Intendant_Florian_Hager_an_Dr_Frank_Michler_npi.pdf
[5] Widerspruch von Dr. Frank Michler gegen Antwort des Intendanten
https://weiterdenken-marburg.de/wp-content/uploads/2025/09/widerspruch_zu_antwort_des_intendanten_2025-06-30_npi.pdf
[6] Tagesordnung der Sitzung der Ausschüsse des HR Rundfunkrates am 9. September 2025
https://download.hr-rundfunkrat.de/sitzungen/pafs-pahf-atumi-20250909-tagesordnung-100~_lastModified–445609296.pdf
https://www.hr-rundfunkrat.de/sitzungen/ausschuss-fuer-telemedien-und-mediale-innovation-sitzungen-2025-v1,atumi-2025-sitzungen-100.html
Beitragsbild: erzeugt mit Sora